Die Geschichte des DGymB

Die Wurzeln der Gymnastik

Die Gymnastikbewegung und damit auch die Arbeit des Deutschen Gymnastikbundes wird geprägt durch eine in der frühen europäischen Kulturgeschichte entwickelte Idee und deren Realisationsmöglichkeiten in der gegenwärtigen Gesellschaft.

Die Gymnastik entwickelte sich vor etwa 2500 Jahren im griechischen Stadtstaat Athen. In den Gymnasien, Treffpunkt der gebildeten Oberschicht,spielte  Gymnastik neben Philosophie, Musik, Poesie, Rhetorik , Mathematik eine wichtige pädagogische Rolle.Das Bildungsziel wird als Einheit von geistiger, sittlicher und körperlicher Ausbildung gesehen und mit dem Begriff „Kalokagathia“ gefasst.. Die Auffassung von der Ganzheitlichkeit des Menschen war die Prämisse, und die Gymnastik trug als pädagogisch angewendete Bewegungsform unter den  Aspekten Hygiene, Ästhetik und Leistungsfähigkeit  zur ganzheitlichen Bildung bei.

Die Bildungsidee der Kalokagathia lässt sich durch die europäische Kulturgeschichte verfolgen. Immer wieder wird das Ideal der ganzheitlichen Bildung in den Mittelpunkt pädagogischer Überlegungen gestellt. Jedermann bekannt ist bis heute ein Zitat aus den Schriften des römischen Dichters Juvenal (58-138 n.C.) :“ Orandum est, ut sit mens sana in corpore sano“, ein Beispiel für das Bildungsideal im frühen römischen Reich. –  Der Neuhumanismus führte in Europa um 1800  zurück zu einer Orientierung am klassischen Bildungsideal. Die Einheit von Körper, Geist und Seele steht im Mittelpunkt pädagogischer Theorie und Praxis. Namen wie Fröbel, Pestalozzi, Humboldt, GutsMuths, Ling und andere belegen, dass der Gymnastik dabei eine wesentliche Aufgabe zukommt.

Die Gymnastikbewegung – Gründung des Deutschen Gymnastikbundes

So liegen im 19.Jahrhundert die Wurzeln für eine Gymnastikbewegung , die an der Wende zum 20. Jahrhundert im Zusammenhang mit den großen gesellschaftlichen Reformbewegungen  – Frauenemanzipation, Jugendbewegung, pädagogische Reform – eine neue Rolle in der Öffentlichkeit findet. Der Höhepunkt der Gymnastikbewegung liegt in den zwanziger Jahren , unter anderem mit der Gründung des Deutschen Gymnastikbundes, an der neben dem Initiator Franz Hilker viele prominente  Gymnasten und Gymnastikpädagogen beteiligt waren. Der Bund hatte die wesentliche Aufgabe, die Gymnastik neben Turnen und Sport in der Öffentlichkeit als einheitliche Bewegung darzustellen sowie ihre Idee und Praxis bekannt zu machen. Das ist nur bedingt gelungen, weil die Gymnastikrichtungen trotz ihrer Verbundenheit im Ideal des ganzheitlichen Menschenbildes wegen ihrer unterschiedlichen spezifischen Zielsetzungen eine recht verschiedene  Ausprägung gewonnen hatten, die bis heute zu spüren ist.

Die Gymnastikvertreter orientierten sich schon damals an unterschiedlichen Arbeitsrichtungen: Der funktionelle Aspekt wurde u.a.von Ling, Mensendiek, Langard, G,Hagemann , Günther, Glaser, Reichmann in den Vordergrund gestellt; bedeutende Vertreter der auf Delsarte zurück zu führenden  Ausdrucksgymnastik waren Stebbins, v.Rohden, Kallmeyer, Gindler; die Rhythmische Gymnastik vertraten Dalcroze, Bode, Medau; die Tänzerische Gymnastik wurde u.a.  von Duncan, Laban, Wigman, Cleve, Palucca geprägt. Daneben gab es noch besondere soziale Ansätze, z.B. in der Lebensreform. – Aufgrund dieser Heterogenität der Arbeitsrichtungen  ist es nicht verwunderlich, dass der Gymnastikbund schon nach kurzer Zeit Abspaltungen ertragen musste, u.a. verselbständigten sich die am Tanz orientierten Vertreter. Im Laufe der Zeit hat sich darüber hinaus eine medizinisch begründete rehabilitations-orientierte  Gymnastik zu einem eigenen Berufsbild, der Krankengymnastik, entwickelt.

Der Deutsche Gymnastikbund im 20. Jahrhundert

Der Deutsche Gymnastikbund hat trotzdem in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts eine bedeutsame Rolle spielen können. Er war nicht nur Moderator zwischen den Richtungen und Schulen, sondern prägte entscheidend das Bild der Gymnastik in der Öffentlichkeit durch die Organisation von Tagungen, durch verschiedene Publikationen , u.a. durch die Herausgabe einer eigenen Zeitschrift. Der Bund umfasste 1927/28  21 private Gymnastik – Ausbildungsinstitute  und etwa 1200 ausgebildete Gymnastiklehrerinnen und -lehrer; viele tausend  “Laien“ wurden in dieser Zeit überall im Land von Gymnastiklehrern im freien Beruf unterrichtet.

Die Zeit des Nationalsozialismus bildet – wie für alle gesellschaftlichen Organisationen – auch für den Deutschen Gymnastikbund einen tiefen Einschnitt. Er wurde im Zuge der Gleichschaltung in den „Reichsverband deutscher Turn-,Sport- und Gymnastiklehrer“ eingegliedert und verlor damit seine Selbständigkeit. Für die Gymnastikvertreter, die sich mit der Ideologie der Nationalsozialisten arrangieren konnten, gewann die Gymnastik im gesellschaftlichen  Ausbildungssystem einen bis dahin nicht gekannten und später nicht mehr erreichten Einfluss. Stichworte sind: Körperschule im BDM-Werk „Glaube und Schönheit“, Kultivierung der bäuerlichen Leibeserziehung der Frauen, Lehrpläne für den Unterricht der Mädchen im öffentlichen Schulwesen, Repräsentation der Nation bei großen Sportereignissen, wie Olympische Spiele in Berlin 1936 und Lingiade in Stockholm 1939. – Die Vertreter der Gymnastik, die sich nicht mit den nationalsozialistischen Ideen arrangieren konnten, wurden in ihren gesellschaftlichen und beruflichen Aktivitäten eingeschränkt, erhielten Berufsverbote, mussten das Land verlassen.

Bei der Neugründung des Deutschen Gymnastikbundes 1948 in Frankfurt /Main wurde versucht, die inhaltliche Orientierung und die Organisationsstruktur aus der Zeit der Weimarer Republik aufzunehmen. Das gelang nur teilweise, weil die Verbandsarbeit auch durch Auseinandersetzungen über die Frage nach dem Verhalten der Beteiligten  im Nationalsozialismus belastet wurde. So kann die erste Zeit als formaler Wiederbeginn, aber nicht als einheitlich-struktureller Neuanfang bezeichnet werden. Zudem traten Interessenkonflikte zwischen den berufstätigen Gymnastiklehrerinnen und -lehrern sowie denjenigen auf, die als Träger von privaten Gymnastikschulen die Ausbildung zu verantworten hatten. 1955 gründeten Letztere einen eigenen Verband, der heute “ Bundesverband staatlich anerkannter Berufsfachschulen für Gymnastik und Sport (BBGS )“ heißt, die Interessen von 17  Mitgliedsschulen  in der Bundesrepublik vertritt und sich um die Ausgestaltung der Berufsausbildung kümmert.

Der DGymB heute

Beide Verbände treten seitdem gemeinsam für die Gymnastik als aktuelle Form der Bewegungskultur ein. Sie werben für eine Form der Körper-und Bewegungsbildung, die das Individuum in seiner Lebensqualität, nämlich den Bereichen Gesundheit, Kreativität und Leistungsfähigkeit fördern kann sowie in der Bewegungserziehung der Heranwachsenden eine wesentliche Bildungsaufgabe wahrnimmt.

Der Deutsche Gymnastikbund vertritt seine z.Z. etwa 600 Mitglieder vor allem in berufspolitischer Hinsicht.  Im §2 der Satzung sind Zweck und Aufgaben des DGymB definiert, zuerst die berufsständische Interessenvertretung, die Förderung des Berufsbildes in der Öffentlichkeit sowie die fachliche Fort-und Weiterbildung.

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